Daimler + BMW: Zweckgemeinschaft! – Tesla: Verzweiflungsaktion?
 
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Daimler + BMW: Zweckgemeinschaft! – Tesla: Verzweiflungsaktion?

Lieber Geldanleger,

 

eine weitere spannende Börsenwoche liegt hinter uns.


Nachfolgend ein Überblick über die auffälligsten Entwicklungen mit einem Fokus auf Tesla, Amazon, RH und Farfetch.

Auffällig ist, dass der DAX weiter dynamisch nach oben marschiert, obwohl es speziell von deutschen Konzernen einen eher durchwachsenen Newsflow gab.

Interessante News kamen aus der Automobilbranche: Hier bündeln die beiden deutschen Premium-Hersteller Daimler und BMW ihre Kräfte bei der Entwicklung von Technologien für das Autonome Fahren.

Vor einigen Jahren wäre das noch fast undenkbar gewesen, schließlich sind die Stuttgarter und die Münchener ja seit jeher direkte Konkurrenten. Das Kooperations-Tabu wurde dann erstmals bereits mit der Zusammenarbeit im Car-Sharing-Bereich gebrochen.

Anfang 2018 hat BMW dem Autovermieter Sixt dessen Anteile am gemeinsamen Car-Sharing-Projekt DriveNow abgekauft. Damit war der Weg frei zur Zusammenarbeit mit Daimler. Jetzt ist die komplette Fusion von DriveNow und Car2go erfolgt.

Nun also der nächste Schritt, die Kooperation bei der Entwicklung von selbstfahrenden Autos. Der Tenor in der Finanzpresse: Die reine ökonomische Vernunft treibt die beiden Konkurrenten in eine Zweckgemeinschaft.

Es steht extrem viel auf dem Spiel, denn Autonomes Fahren in Kooperation mit Car-Sharing-Modellen und Mitfahrplattformen wie Uber oder Lyft sowie der Elektroantrieb werden die Industrie in den nächsten ein, zwei Jahrzehnten auf den Kopf stellen. Die Vorboten sind bereits jetzt spürbar. Speziell beim Autonomen Fahren hat Google mit seinem Projekt Waymo einen fast uneinholbaren Vorsprung.

Milliarden-Investitionen sind notwendig bei gleichzeitig zumindest im Elektroauto-Bereich wahrscheinlich geringeren Gewinnen. Eine heikle Situation. Und Google hat beim Autonomen Fahren mit seinen fast unerschöpflichen Finanz-Ressourcen einen riesigen Vorteil und holt die besten und kreativsten Köpfe ins eigene Haus.

Daimler und BMW gehen deshalb - sinnvollerweise - der direkten Konfrontation aus dem Weg und konzentrieren sich auf hoch automatisierte Fahrzeuge, die aber nur auf Autobahnen zeitweise autonom fahren können.

Waymo dagegen arbeitet an revolutionären Robotaxis, die ohne Lenkrad und Pedale auskommen. Diese sind in den USA bereits im Testbetrieb im Einsatz. Im Dezember startete ein Robotaxi-Service in Arizona.

Daimler AG (ISIN: DE0007100000)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 18/19e/20e
Kurs
710000 / DAI
57 Mrd. EUR
7,7 / 6,6 / 6,7
53,44 EUR


MEIN FAZIT:
Robotaxis und Car-Sharing werden in den kommenden Jahren in den Mainstream Einzug halten - auf kosten "normaler" Autos. Die klassischen Autohersteller werden vor allem bei den völlig autonom fahrenden Vehikeln außen vor sein.

Das wird für deutliche Einbrüche bei den Verkaufszahlen klassischer Autos sorgen und damit eine große Belastung für Daimler, BMW und Co. werden. Die aktuell extrem niedrigen Bewertungen für die Auto-Aktien hängen auch damit zusammen, dass der Markt diese zukünftigen Entwicklungen bereits jetzt teilweise einpreist. Der 4-Jahres-Chart von Daimler zeigt einen klaren Abwärtstrend. Ich rate weiter von Investments in klassische Autohersteller ab!


Ob der große Elektroauto-Herausforderer Tesla hier aber unter dem Strich als der lachende Dritte dastehen wird, ist ebenfalls alles andere als sicher. Denn auch Tesla hängt beim Autonomen Fahren weit hinter Waymo her und zudem scheint die Nachfrage nach Elektroautos im Moment zu schwächeln.

So jedenfalls interpretieren die Aktionäre die gestern mit viel Tamtam angekündigte Meldung, wonach man nun plant, quasi sämtliche physischen Tesla-Verkaufsstellen dichtzumachen und stattdessen auf einen reinen Online-Vertrieb umzustellen.

So will man Kosten sparen, um tatsächlich ein Tesla Model 3 für 35.000 US-Dollar anbieten zu können - wie es Elon Musk ja ursprünglich versprochen hatte. Tesla verliert im frühen Handel am Freitag (Stand: 17 Uhr MEZ) über sieben Prozent. Hinzu kommt die Aussage, dass Tesla auch im ersten Quartal 2019 nicht profitabel sein wird.

Bei den Analysten mehren sich die kritischen Stimmen. Adam Jonas von Morgan Stanley vermutet, dass Tesla knapp bei Kasse ist. Durch die zu erwartende größere Nachfrage nach dem Model 3 könne die Firma dann schneller auf das Cash zugreifen, dass Kunden bereits hinterlegt haben, die auf das Auto warten.

Ansonsten hätte man möglicherweise sogar die Produktion drosseln müssen. Grundsätzlich befürchtet er, dass die Marke Tesla an einem kritischen Punkt angekommen ist, weil sie ihren Nimbus der Exklusivität verlieren könnte. Das Kursziel bleibt bei 283 US-Dollar.

Bezüglich der Exklusivität der Marke dürfte der Analyst unter anderem den aufstrebenden chinesischen Wettbewerber Nio gemeint haben. Nio wurde zuletzt in der beliebten CBS-Doku-Serie "60 Minutes" ausführlich vorgestellt.

RBC Capital sieht Tesla als Underperformer und befürchtet Druck auf die Margen. Das Wall Street Journal (WSJ) fragt sich, ob es ein Zufall ist, dass Tesla ausgerechnet einen Tag bevor es einen großen Scheck ausstellen muss und ein paar Wochen nachdem der Finanz-Chef gegangen ist, diese Maßnahmen ergreift?

Mit dem großen Scheck ist eine 920 Millionen US-Dollar-Zahlung für eine fällig werdende Wandelanleihe gemeint. Mit anderen Worten: Auch das "Leitorgan" der Wall Street fürchtet, dass Tesla knapp bei Kasse sein könnte.

Lediglich die Häuser JMP Securities und Wedbush Securities nehmen positive Haltungen ein. Wedbush denkt, dass das Model 3 tatsächlich ein Game-Changer werden wird und Tesla in der zweiten Jahreshälfte mit einer stärkeren Finanzsituation wieder aufsteigen wird.

Tesla, Inc. (ISIN: US88160R1014)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 18/19e/20e
Kurs
A1CX3T / TSLA
55 Mrd. USD
negativ / 52 / 31
297,10 USD


MEIN FAZIT:
Der Konkurrenzkampf in der Autobranche ist unglaublich intensiv und das bekommt mehr und mehr auch Tesla zu spüren.

Seit rund zwei Jahren läuft die Aktie unter wilden Ausschlägen seitwärts. Ich rate weiter von Investments in Tesla ab!


Stabilisiert hat sich in diese Woche die Aktie des Mobile Payment-Dienstleisters Wirecard. Etwas undurchsichtig sind die verschiedenen Stimmrechtsmitteilungen von Goldman Sachs zu Wirecard, die ihre Anteile einen Tag vor dem Leerverkaufsverbot stark hochgefahren und dann wieder drastisch reduziert haben.

Es ist anzunehmen, dass Adressen wie Goldman kurzfristig den Kurs von Wirecard stark beeinflussen. Goldman verleiht den Großteil seiner Wirecard-Aktien. Die Frage ist nur an wen?

Interessanter ist aber etwas anderes: Der niederländische Newcomer und Wirecard-Konkurrent Adyen hat seine Zahlen für 2018 vorgelegt. Die konnten durchaus überzeugen.

Der Vorsteuergewinn kletterte um 83 Prozent auf 131 Millionen Euro. Die Nettomarge kam aber nur leicht von 20 auf 22 Prozent voran.

Das Paradoxe daran: Obwohl Adyen eigentlich das effizientere Unternehmen zu sein scheint (u.a. wenige starke Großkunden, weniger Mitarbeiter je Umsatz) liegen die Margen trotzdem weit unter denen von Wirecard.

Wirecard AG (ISIN: DE0007472060)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 18/19e/20e
Kurs
747206 / WDI
14,8 Mrd. EUR
37 / 27 / 20
120,00 EUR


MEIN FAZIT:
Die entscheidende Frage aus operativer Sicht ist wohl weiter: Wie schafft es Wirecard so hohe Margen zu erzielen?

Bisher ist das Unternehmen darauf eine schlüssige Antwort schuldig geblieben. Wirecard ist im Moment eine Halteposition!


Im Aktienrückkauf-Video hatte ich euch zudem noch eine andere Aktie versprochen, die zuletzt mit extremen Aktienrückkäufen aufgefallen war. Bei diesem Wert handelt es sich um RH Inc., die ehemalige Restauration Hardware. RH ist ein Möbelhändler, der mit besonders großen und luxuriösen Verkaufsflächen ein spezielles Konzept verfolgt.

Kunden können hier nobel speisen und quasi nebenher noch zusätzlich hochwertige Möbel erstehen. Das Konzept funktioniert insgesamt ganz gut. Die hohen Steigerungen beim Gewinn je Aktie kommen aber vor allem durch die Einziehung und anschließende Vernichtung eigener Aktien zustande.

►► Hier nochmal der Link zu meinem Aktienrückkauf-Video (hier klicken)...

Im Laufe des Jahres 2017 hatte RH rund die Hälfte aller ausstehenden Aktien zu Kursen unter 50 US-Dollar zurückgekauft. Konkret: Es gab Mitte November 2017 nur noch 21,1 Millionen ausstehende Aktien statt zuvor über 40 Millionen. Jedem Aktionär gehörte nun ein fast doppelt so großer Anteil am Gesamtunternehmen wie zuvor.

Umgekehrt hatte sich das Angebot an frei handelbaren Aktien damit fast halbiert. Das bedeutet auch: Selbst wenn der absolute Gewinn des Unternehmens unverändert bleibt, verdoppelt sich der Gewinn pro Aktie in etwa.

Im Falle von RH ist es ja so, dass man zusätzlich durch den Aktienrückkauf hohe Buchgewinne angehäuft hat. Wenn man rund 20 Millionen Aktien auf eigene Rechnung zu 50 US-Dollar kauft bzw. zurückkauft und die Aktie dann auf 100 US-Dollar steigt, dann hat man einen Buchgewinn von 50 US-Dollar je Aktie erzielt.

50 US-Dollar mal 20 Millionen Stück macht einen Buchgewinn von 100 Mio. US-Dollar - nur durch Spekulation auf die eigene Aktie. Der Buchgewinn aus den Aktienrückkäufen war damit in 2017 höher als der Nettogewinn.

Inzwischen ist die Aktie bis auf 154 US-Dollar gestiegen. Die Zahl der ausstehenden Aktien liegt weiter bei 21,2 Millionen. Der Clou dabei: 31 Prozent dieser Aktien sind leer verkauft.




Extrem hohe Short-Quote

Woran liegt das? Sind die Shorties verrückt, einen solche Rückkauf-Turbo-Aktie zu shorten?

Nun, da lässt sich drüber streiten. Denn: RH hat sich durch die exzessiven Aktienrückkäufe und zusätzlich eine Übernahme extrem stark verschuldet.

Es hat sich nicht weniger als 1,15 Milliarden US-Dollar geliehen, um damit die beschriebenen Aktienrückkäufe in Höhe von einer Milliarde US-Dollar durchzuführen.

U.a. existieren zwei große vorrangig besicherte Wandelschuldverschreibungen über 350 Millionen US-Dollar und 300 Millionen US-Dollar, die 2019 und 2020 fällig werden. Diese will man zuerst zurückzahlen und zwar mit dem freien Cashflow aus dem operativen Geschäft.

Werden sie nicht zuvor zurückbezahlt, werden sie in Aktien umgewandelt und es kommt zu einer massiven Verwässerung. Damit wäre die Rückkaufstory beendet.

Das Ganze ist relativ knapp kalkuliert, das heißt: Viel darf operativ nicht schief gehen, sonst würde es sofort brandgefährlich für das Unternehmen.

Ein interessanter Aspekt ist das Abo-Modell, das das Unternehmen 2016 eingeführt hat. So wurde die Einnahmensicherheit erhöht und die Umsatzausschläge geringer.

RH-CEO und Gründer Gary Friedman hat eine Vision: Er hat Luxusmarken wie LVMH (Louis Vitton Moët Hennessy) als Vorbild. Er will RH zu einer Luxus-Plattform machen, in dem er ein eigenes integriertes Ökosystem mit verschiedenen Geschäften aufbaut.

Konkret: Das Einzelhandelsgeschäft wird verstärkt und wertvoller durch das Interior-Design-Geschäft. Diese beiden wiederum profitieren von den physischen Gallerien in den Gebäuden und dem Immobilienentwicklungsgeschäft. Und alle zusammen werden wiederum durch das Bewirtungsgeschäft wertvoller. Alles das bietet RH Inc.

Revolutionäres Konzept

Das heißt: Letztlich wird der Laden zum Produkt. Die Leute sollen sich lange in diesen Läden aufhalten und eine emotionale Verbindung zur Marke RH aufbauen. Vergleichbar mit dem, was Apple mit seinen Shops zu erreichen versucht.

Ob das Modell funktioniert ist die große Frage. Momentan ist es ja so, dass viele Gewerbeimmobilien-Inhaber regelrecht nach solchen neuen Konzepten gieren, weil traditionelle Leasingnehmer, sprich: der traditionelle Einzelhandel wegen der Online-Konkurrenz massive Probleme bekommt. Viele Immobilienhändler sind deswegen auch bereit, die Ausbaukosten für die RH-Superstores mitzufinanzieren. RH will dieses Konzept auch internationalisieren.

In den USA laufen die Geschäfte gut, wenngleich nicht überragend. Die Umsätze legten im letzten Quartal um sieben Prozent zu. Die Umsätze auf vergleichbarer Fläche um 6,5 Prozent. Mit einem 2019er-KGV von 14 ist die Aktie relativ günstig bewertet:

Restoration Hardware Holdings Inc. (ISIN: US74967X1037)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 18/19e/20e
Kurs
A2DJTU / RH
3,3 Mrd. USD
17 / 14 / 13
154,74 USD

Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert. Es können daher keine Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.


 

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Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen &
ein schönes Wochenende wünscht Dir

Dein
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report

>> Die nächste Ausgabe erscheint am 09. März

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