Aktien-Markt – Wie lange geht das noch gut?
 

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Bayer nach Monsanto-Übernahme: Fiasko oder Kaufchance?

Lieber Geldanleger,

 

wenn deutsche Großkonzerne US-Firmen übernahmen stand das bisher selten unter einem guten Stern. Nach dem Chrysler-Flop von Daimler scheint es unter Börsianern nach dem schockierenden Glyphosat-Urteil ausgemachte Sache, dass sich auch Bayer mit Monsanto verhoben hat.

Die Risiken seien dramatisch unterschätzt worden. Die Aktie brach zuletzt ein. Lies nun, warum es mittel- und langfristig auch ganz anders kommen könnte.

Vorab ein Hinweis: Zu dieser Thematik gibt es am Sonntag (26.08.) ab 17:00 Uhr auf meinem YouTube-"Aktien Kanal" auch ein Video von mir...


Lieber Video-Anschauen als Lesen?

Aktien-Markt – Wie lange geht das noch gut?

Wie geht es weiter am Aktien-Markt? Alles das, was den Bullen lange Jahre in der Spur gehalten hat, scheint sich nun ins Gegenteil zu verkehren. Sehen wir dieses Jahr noch die 11.000 im DAX oder gar die 10.000?

Hier klicken und das Video gleich ansehen...



Was ist genau passiert?

Das Geschworenen-Gericht in Kalifornien hat Dewayne Johnson, einem an Lymphdrüsen-Krebs erkrankten ehemaligen Hausmeister, Schadensersatz in Höhe von 289 Millionen US-Dollar zugesprochen. Die Laienrichter folgten seiner Auffassung, dass die unheilbare Erkrankung durch Glyphosat verursacht worden sei und die Verantwortlichen bei Monsanto nicht adäquat vor den Risiken gewarnt hätten.

Mehr noch, Monsanto sei vorsätzlich und bösartig vorgegangen, habe Beweismaterial unterdrückt und in diesem Zusammenhang auch Wissenschaftlicher, Journalisten und andere Kritiker bedroht. Eine wichtige Rolle bei der Beurteilung spielten Beweismaterialien, die die interne Kommunikation bei Monsanto zu dieser Thematik dokumentieren!

Warum könnte dieses Urteil für Bayer so folgenschwer sein?

Bayer legt gegen das Urteil Revision ein. Wäre es ein isolierter Fall mit einer einmaligen Schadensersatzzahlung wäre der Einfluss auf den Aktienkurs gering. Bayer hat eine Marktkapitalisierung von über 75 Milliarden Euro und verdient operativ mehrere Milliarden Euro pro Jahr. 2017 waren es 4,6 Milliarden Euro.

Bis 2019 sollen es laut aktuellen Analystenprognosen dann mit Monsanto schon 8,2 Milliarden Euro beim EBIT (Gewinn vor Steuern und Zinsen) sein. Die Schadensersatzzahlung täte zwar weh, wäre aber gut verkraftbar.

Das Problem: Inzwischen sind über die USA verteilt rund 5.200 Klagen zu Glyphosat anhängig. Rechnet man nun ganz naiv die 289 Millionen Euro hoch, käme man auf eine astronomische Summe von über 1,5 Billionen US-Dollar.

Das wäre selbst für einen Giganten wie Bayer, die 2017 noch knapp in den Top 100 der wertvollsten börsennotierten Unternehmen der Welt waren, nicht zu stemmen.

Warum ist das Urteil so umstritten und letztlich rational nicht nachvollziehbar?

Bei der verständlicherweise emotional geführten Diskussion darüber wie gefährlich der Unkrautvernichter Glyphosat wirklich ist, rücken häufig die Fakten in den Hintergrund.

Es gibt mittlerweile über 800 Studien und Analysen, die alle zu dem Ergebnis kommen, dass Glyphosat bei korrekter Anwendung nicht gesundheitsschädlich und damit auch nicht krebserregend ist. Quasi alle relevanten Organisationen haben das bestätigt.

Dazu gehören:

das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)
die US-amerikanische Umweltbehörde EPA
die kanadische Bewertungsbehörde Pest Management Regulatory Agency (PMRA)
die australische Bewertungsbehörde APVMA
die japanische Food Safety Commission
die neuseeländische Umweltbehörde EPA
das Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und
die Europäische Chemikalienagentur (ECHA)

Es gibt nur eine einzige - scheinbar - gegenteilige Beurteilung. Die der Krebsagentur IARC der Weltgesundheitsbehörde WHO. Die stuft Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" ein.

Dabei gibt es aber einen ganz wichtigen Punkt zu beachten: Die Behörden, die zum Schluss kommen, dass Glyphosat nicht krebserregend ist, prüfen die Risiken für die Bevölkerung bei sachgemäßer Anwendung.

Die IARC untersucht dagegen, ob ein Stoff grundsätzlich in der Lage ist, Krebs auszulösen. Sie bewertet nicht, ob ein konkretes Risiko für die Bevölkerung besteht. So stuft die IARC auch den Friseurberuf als "wahrscheinlich krebserregend" ein, Sonnenstrahlen und Alkohol als "sicher krebserregend".

Kein Mensch würde deshalb auf die Idee kommen, nicht mehr in die Sonne zu gehen. Auch Friseure und Friseurinnen hantieren täglich mit Färbemittel, die krebserregend sein könnten.

Häufig weiß die Wissenschaft einfach noch nicht, wie gefährlich sie sind. Trotzdem werden sie weiter auf freiwilliger Basis verwendet. Genauso wie Landwirte freiwillig Glyphosat einsetzen.

Das ist wichtig zu verstehen: Alle wissenschaftlichen Studien legen nahe, dass Glyphosat bei sachgemäßer Anwendung nicht krebserregend ist. Die EU hat erst im letzten Jahr den Einsatz von Glyphosat nach sorgfältiger Prüfung der wissenschaftlichen Erkenntnisse um weitere fünf Jahre genehmigt.

Letztlich geht es in den Prozessen also um die Frage, ob Monsanto stärker davor hätte warnen müssen, was passiert, wenn man es nicht sachgemäß anwendet? Nicht darum, ob es grundsätzlich verboten gehört!

Selbst wenn Monsanto sich hier der Unterlassung schuldig gemacht hat, steht die Summe von 289 Millionen US-Dollar aus meiner Sicht in keinem Verhältnis zur Schuld.

Es wird mit zweierlei Maß gemessen

Damit nicht genug ist selbst das Zustandekommen der "wahrscheinlich krebserregend"-Einstufung der IARC noch äußerst dubios. Die ursprüngliche Einstufung hatte nämlich auf "nicht krebserregend" gelautet und wurde dann sukzessive verändert. Zudem wurde nun bekannt, dass mindestens ein Sachverständiger mit Interessenkonflikten beteiligt war.

Christopher Portier, den die Anklage auch in Kalifornien vor Gericht als Sachverständiger geladen hatte, erhielt im Vorfeld mindestens 160.000 Dollar von US-Anwälten, die die Klageseite vertraten. Das hatte Portier zunächst nicht offengelegt.

Davon spricht aber kaum jemand. Stattdessen nimmt die Vorverurteilung von Monsanto in der Öffentlichkeit und speziell bei Pseudo-Umweltschützern Hexenjagd-artige Züge an.

Immer geht es um Monsanto dabei stellen inzwischen weltweit über 40 verschiedene Firmen Glyphosat her. Es wird eindeutig mit zweierlei Maß gemessen.

Ich stelle gar nicht in Frage, dass Monsanto an seinem schlechten Ruf auch teilweise selber schuld ist. Öffentlich gemachte interne Unternehmenskommunikation von Monsanto beweist, dass man versucht hat, auf Einschätzungen von Behörden bzw. auch auf die Ergebnisse verschiedener wissenschaftlicher Studien, Einfluss zu nehmen.

Das ist nicht tolerierbar und muss bestraft werden. Dabei schießt man aber im Moment in der Öffentlichkeit und auch beim Kalifornien-Urteil klar über das Ziel hinaus.

Warum stürzen sich alle auf Monsanto?

Die Begründung ist einfach: Es geht um Geld, um richtig viel Geld, das es bei Monsanto zu holen gibt.

Wie erwähnt stellen zwar viele andere Firmen ebenfalls Glyphosat her. Aber keine dieser Firmen verdient auch nur annähernd so viel damit wie Monsanto.

Das wiederum hängt mit einem cleveren Schachzug Monsantos zusammen.

Der Hintergrund ist spannend: Auf dem Gelände einer Monsanto-Fabrik, in der Roundup hergestellt wurde (Roundup ist der Markenname für das Glyphosat-Produkt von Monsanto), schwammen Reste des Mittels in einem Becken zusammen mit anderem Abwasser. In diesem Schlick fanden Monsanto-Biologen eine Bakterie, die resistent gegen Glyphosat war.

Sie isolierten dann das Gen, das für diese Resistenz zuständig war, und bauten es in das Erbgut von Getreidepflanzen ein. So wurden Saatgut und Unkrautvernichter perfekt aufeinander abgestimmt. Passenderweise wurde das Saatgut dann Roundup Ready genannt. Seit 1996 gibt es Roundup Ready für Sojabohnen. Später kamen dann andere Saatgüter wie Mais und Baumwolle hinzu.

Roundup und Roundup Ready entwickelten sich zu Megaerfolgen. Sie waren leicht anwendbar und die Landwirte hatten das Unkrautproblem im wahrsten Sinne des Wortes an der Wurzel bekämpft. Das erhöhte die Ernteerträge massiv. Entsprechend konnten die Herbizide von Monsanto auch teurer verkauft werden. Angebot und Nachfrage eben.

Monsanto enteilte dem Wettbewerb immer weiter. Anfangs verkaufte man nur die Gentechnik an andere. In den Neunzigerjahren wurde man sann selbst zum Saatguthersteller und kaufte kleinere Rivalen auf. Inzwischen wächst in den USA kaum noch eine Mais-, Soja- oder Baumwollpflanze deren Erbgut nicht verändert worden ist.

In Deutschland ist gentechnisch verändertes Saatgut aber weiter nicht zugelassen. Glyphosat wird aber auf rund einem Drittel aller Äcker eingesetzt.

Nochmal: Das alles muss man nicht gut finden. Vielleicht ist der Erfolg sogar moralisch ein Stück weit verwerflich, die Lobbyarbeit überzogen und wahrscheinlich wurde das eine oder andere Mal von Monsanto auch die Grenze zur Illegalität überschritten.

Aber hinter dem Erfolg von Monsanto stehen eben auch milliardenschwere Forschungsaufwendungen, eine klare und aggressive Wachstumsstrategie und ein Stück weit Glück, dass man zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und aus einer Entdeckung die richtigen Schlussfolgerungen gezogen hat.

Das ist vielen ein Dorn im Auge und viele hätten gern ein Stück von diesem großen Kuchen ab. Auch die Anwälte. Monsanto hat aber genauso eine faire und objektive Behandlung verdient wie andere Firmen auch. Ich hoffe das bleibt in den USA auch so nachdem sich das Unternehmen nun in deutscher Hand befindet.

Verteufelung der Agrochemie ist Fehl am Platz

Bis zum Jahr 2050 werden nach aktuellen Prognosen drei Milliarden Menschen zusätzlich auf unserem Planeten leben. Die Agrochemie spielt als Helfer der Landwirtschaft eine Schlüsselrolle bei der Frage, ob und wie es gelingen wird, diese Menschen auf nachhaltige Art und Weise zu ernähren. Alleine mit Biolandwirtschaft ohne Herbizide wird das nicht möglich sein. Wer diesen Faktor ignoriert ist ein Heuchler.

Mit der Übernahme von Monsanto für 66 Milliarden US-Dollar inklusive Schulden hat sich Bayer in die Pole Position in diesem Segment katapultiert. Das war jedoch auch bitter notwendig. Denn:

Die Hersteller von Pestiziden, Herbiziden und Saatgut befinden sich inmitten eines mächtigen Konsolidierungsprozesses. Die US-Konzerne Dupont und Dow Chemical legen ihre Aktivitäten zusammen. Der chinesische Staatskonzern Chemchina ist dabei, sich den Schweizer Konkurrenten Syngenta zu sichern. Ohne den Monsanto-Deal wäre Bayer wieder auf der Strecke geblieben.

"Wieder" deshalb, weil man bereits in der Liste der größten Pharmaunternehmen trotz einer ganzen Reihe von Blockbuster-Medikamenten im Ranking deutlich abgerutscht ist. Obwohl Bayer mit der 12 Milliarden Euro-Übernahme der OTC-Tochter (= Over The Counter = nicht verschreibungspflichtige Medikamente) des US-Konkurrenten Merck ein Ausrufezeichen setzte, war die Konkurrenz noch aggressiver, namentlich Aventis, Novartis und Glaxo.

Bayer hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Das Verhütungsmittel Essure musste vom Markt genommen werden. Es gab Teilverbote gegen die so genannten Neonicotinoiden, die mit dem Bienensterben in Zusammenhang gebracht worden sind. Das Unternehmen geriet bei Monsanto mehr und mehr unter Zugzwang und besserte schließlich den angebotenen Kaufpreis nochmal nach.

Attraktive Bewertung der Aktie

Der Aktienmarkt, der ja ohnehin gerne mal zu Überreaktionen neigt, reagierte geschockt auf das Gerichtsurteil. Die Bayer-Aktie fiel auf ein neues 5-Jahres-Tief von 75,50 Euro. Das Allzeit-Hoch von Anfang 2015 hatte bei über 144 Euro gelegen. Die Aktie hat sich also fast halbiert.

Das bereits 1863 gegründete Unternehmen ist seit 1953 ununterbrochen börsennotiert und schaffte nach dem zweiten Weltkrieg in Rekordzeit den Wiederaufstieg zu einem dominanten internationalen Player im Chemiesektor.

Durch den jüngsten Kurssturz ist die Marktkapitalisierung auf nur noch 76 Milliarden Euro geschrumpft. Alleine für Monsanto hat man ja umgerechnet rund 55 Milliarden Euro bezahlt. Sollte Monsanto also sein Geld wert sein, gibt es den Rest von Bayer im Moment zum absoluten Schnäppchenpreis. Bereits ab 2019 soll Monsanto zum Gewinn beitragen. Das KGV ist unter 15 gefallen und dürfte in 2019 weiter auf zwölf sinken.

Das ist angesichts der guten Perspektiven sowohl im Agrochemie- als auch im Pharmasektor extrem attraktiv, erst recht wenn man sich die allgemein deutlich erhöhten Bewertungsniveaus an den internationalen Aktienmärkten betrachtet. Aus meiner Sicht ergibt sich hier eine antizyklische Kaufchance.

Und die drohenden Schadenersatzzahlungen? Ähnlich wie bei Johnson & Johnson schon mehrfach geschehen dürften Berufungsgerichtet auf Grund der sehr dünnen Beweislage die Schadensersatzsumme von insgesamt 289 Millionen US-Dollar deutlich zurücknehmen oder gar ganz streichen.

Mehrere Analysten gehen davon aus, dass Bayer eher glimpflich davon kommen wird und die Schadensersatzzahlungen nicht höher als drei bis fünf Milliarden bis maximal zehn Milliarden Euro betragen dürften. Selbstverständlich sind solche Prognosen aber mit einer hohen Unsicherheit verbunden.

Bayer (ISIN: DE000BAY0017)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 17/18e/19e
Kurs
BAY001 / BAYN
76 Mrd. EUR
15 / 12 / 10
81,91 EUR


MEIN FAZIT:

Aktuell findet eine von verschiedenen Seiten inszenierte Propagandaschlacht gegen Monsanto/Bayer statt, die in diesem Ausmaß nicht gerechtfertigt ist.

Bayer musste angesichts starker Konsolidierungstendenzen in der Agrochemie reagieren und hat mit der Übernahme von Monsanto eine strategisch wichtige und richtige Entscheidung getroffen, auch wenn der Kaufpreis ambitioniert ausgefallen ist.

Das wird sich mittel- und langfristig auszahlen. Die kolportierten Schadensersatzsummen sind viel zu hoch. Es ist wahrscheinlich, dass Bayer glimpflich davon kommen wird. Aktuell ergibt sich eine gute antizyklische Kaufchance.


Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert: Es kann daher kein Interessenskonflikt vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.



Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen &
ein schönes Wochenende wünscht Dir

Dein
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report

>> Die nächste Ausgabe erscheint am 01. September

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