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Das Ende des Öl-Zeitalters?!

Lieber Geldanleger,

 

ExxonMobil war früher das wertvollste Unternehmen der Welt. Zwischen 2005 und 2011 hielt es ununterbrochen diesen Titel, bevor sich Apple erstmal den Thron sicherte. Nach mehrmaligem Wechselspiel musste Exxon sich 2013 dann endgültig geschlagen geben und wurde zwischenzeitlich weit nach hinten durchgereicht.

Insbesondere der Aufstieg der Technologie-Werte Amazon, Microsoft, Alphabet, aber auch der chinesischen Giganten wie Alibaba setzte dem einstigen Primus schwer zu. Und natürlich der anhaltende und sich weiter beschleunigende Verfall des Öl-Preises.

Dieser hatte 2008 zur Zeit der Olympischen Sommerspiele in Peking und kurz vor Ausbruch der Finanzkrise einen Höchstwert bei rund 125 Dollar je Barrel markiert und kennt seitdem fast nur einen Weg: nach unten. In den letzten Jahren war er sogar bis auf 25 Dollar abgestürzt (Anfang 2016) und im Frühjahr 2020 pendelte er längere Zeit um die Marke von 20 Dollar. Gar nicht zu reden von dem historischen Ereignis, als die Öl-Futures im April 2020 sogar kurzfristig auf minus 30 Dollar abstürzten, so dass Öl-Käufer sogar noch Geld oben drauf bekamen, wenn sie das „schwarze Gold“ überhaupt noch abzunehmen bereit waren. Corona hat viele Spielregeln ad absurdum geführt.

Corona ist nicht alles

Doch die Auswirkungen der Corona-Krise und der damit einhergehende dramatische Einbruch der Weltwirtschaft dürfen keinesfalls als alleinige Auslöser für die neue Öl-Krise missinterpretiert werden. Corona kam und wird wieder verschwinden, der bewusst herbeigeführte Lockdown der Wirtschaft ist ein heftiger Einbruch, aber die Wirtschaft wird sich sukzessive davon erholen.

Was bleibt, ist der globale Klimawandel. Die zunehmende Erderwärmung wird inzwischen von (fast) allen als die wohl größte Bedrohung der Menschheit und unseres Wohlstands angesehen und ihre Auswirkungen sind immer mehr zu spüren. Ob es die schneelosen Winter in Europa sind, die Hitzerekorde im Sommer, die ausufernden Dürren und Waldbrände in den USA, Brasilien, Australien oder Griechenland, oder die „Jahrhundertfluten“ in England oder China, all diese Naturkatastrophen fanden und finden in den letzten Jahren statt. Statistiker bezeichnen eine solche Häufung als Anomalie und Karl Friedrich Gauß, der Erfinder der Normalverteilungskurve, der den Älteren unter uns noch von den letzten 10-DM-Scheinen bekannt ist, hätte ihnen zugestimmt. Und wenn statistische Häufungen auftreten und das fortgesetzt über einen längeren Zeitraum, dann ist dies ein starkes Anzeichen dafür, dass sich an den zugrundeliegenden Bedingungen etwas geändert hat. Und so ist es auch jetzt.

Unser Klima wandelt sich, weil sich aufgrund des ungebremsten CO2-Ausstoßes die Durchschnittstemperatur erhöht. Die Sommer werden heißer, die Winter wärmer und nasser, die Wüstenregionen breiten sich aus. Insgesamt wird das Wetter extremer und es verändert sich schneller als früher. Die Jahreszeiten verschwinden, werden sich ähnlicher. Mit teilweise dramatischen Auswirkungen auf die Natur.

Globales Problem, lokale Lösungen

Der Klimawandel ist dabei ein globales Problem, auch wenn die Auswirkungen auf lokaler Ebene sehr unterschiedlich sind. Und auch die Maßnahmen, die ergriffen werden können, erzielen lediglich lokale Wirkung. Um wirklich etwas bewirken zu können, müssen daher viele kleinteilige Maßnahmen in Summe einen großen Effekt erzielen.

Der deutsche Kohleausstieg bringt für das Weltklima überhaupt nichts, solange in China und Indien zusammen fast täglich ein neues Kohlekraftwerk ans Netz geht. Die Bemühungen um Aufforstung im Bayerischen Wald laufen ins Leere, wenn gleichzeitig der Brasilianische Regenwald in bisher ungekanntem Ausmaß niedergebrannt wird.

Corona hat die Klimabewegung mit den „Fridays for Future“-Demonstrationen aus dem Blick der Öffentlichkeit verdrängt, aber die Bewegung ist nicht etwa tot. Im Gegenteil, die EU-Kommission unter der Deutschen Präsidentin Ursula von der Leyen hat einen Green Deal aufgelegt, ebenso die Bundesregierung und auch US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden hat dies zu seinem zentralen Wahlkampfthema gemacht.

Während Politiker sich noch zu profilieren versuchen und mit immer neuen staatlich finanzierten Förderprogrammen endlich Resultate sehen wollen, gehen Unternehmer längst voran. Und es sind nicht die ohnehin üblichen Verdächtigen, wie Elon Musk, der Chef von Tesla mit seinen Elektro-Autos, oder Amazon, das Klima-Neutralität anstrebt und hierzu in den nächsten Jahren eine Flotte von 100.000 Elektro-Transportern der Firma Rivian in Betrieb nehmen will. Nein, das Umdenken kommt nun auch aus einer eher unerwarteten Ecke: von den Öl- und Gas-Konzernen.

Die Abkehr von Öl und Gas?

Immer mehr Energie-Konzerne, wie E.ON, RWE oder Vattenfall motten ihre Kohle-Kraftwerke und zunehmend auch die Öl- und Gas-Kraftwerke ein, während sie bei der Stromproduktion künftig vollständig auf erneuerbare Energiequellen setzen. Und im Straßenverkehr setzen inzwischen fast alle Hersteller auf Elektro-Antriebe und/oder mittels Wasserstoff angetriebene Brennstoffzellen.

Gleichzeitig wird die „Produktion“ von CO2 teurer, weil die Preise für die CO2-Zertifikate staatlich gesteuert hochgetrieben werden. Wer klimafreundlich produziert, kann seine überschüssigen Zertifikate verkaufen an diejenigen, die nicht genügend haben, um produzieren zu dürfen. Alleine wegen des Verkaufs seiner CO2-Zertifikate schreibt Tesla seit einigen Quartalen Gewinne – mit dem Verkauf seiner Elektro-Autos gelingt dies dem Unternehmen bisher nicht.

Neben dem Wirtschaftseinbruch und dem Trend zur Elektro-Mobilität trifft eine weitere Entwicklung die Öl- und Gasförderer: der Verfall des Öl-Preises. Der liegt am Überangebot, das vor allem durch den Fracking-Boom in den USA erzeugt wird. Inzwischen sind die USA von einem Energie-Importeur längst wieder zu einem Exporteur geworden und dieses zusätzliche Angebot belastet die Preise auf dem Weltmarkt.

In früheren Jahren hat Saudi-Arabien, als damals größter Öl-Produzent, Angebotsschwankungen durch Drosseln oder Erhöhen seiner eigenen Förderung ausgeglichen und somit konnte die OPEC ihre Macht gut ausspielen. Doch weder Russland noch die USA gehören der OPEC an und so findet kein geschlossenes Vorgehen (mehr) statt. Zu widerstreitend sind die Motive. Denn wenn Saudi-Arabien einseitig seine Förderung kürzt und dadurch der Öl-Preis für alle steigt, profitieren auch alle. Nur Saudi-Arabien nicht, denn dem höheren Öl-Preis steht ja die geringere verkaufte Menge gegenüber. Hinzu kommt, dass ein höherer Öl-Preis dazu führt, dass sich auch wieder die Produktionsstandorte lohnen, die deutlich höhere Kosten haben. Und das sind vornehmlich die mittels Fracking ausgebeuteten Felder in den USA.

Zwar produziert Saudi-Arabien zu unter 10 Dollar je Barrel, während Fracking Kosten von mehr als 40 Dollar verursacht und das Tiefseebohren in der Nordsee nochmals deutlich mehr, aber Saudi-Arabiens Haushalt hängt, ebenso wie der russische, fast vollständig von den Öl-Einnahmen ab. Mit diesen werden umfangreiche Sozialleistungen finanziert und die Steuern niedrig gehalten, damit die Bevölkerung nicht gegen ihre Stimm- und Machtlosigkeit aufbegehrt. Fehlen die Öl-Einnahmen, so dass die Leistungen und Vergünstigungen gekürzt werden müssen, birgt dies gewaltigen politischen Sprengstoff. Und Revolutionen und Bürgerkriege sind im Nahen Osten ja nun wahrlich keine unbekannten Ereignisse.

Der (letzte?) Kampf der Öl-Multis

Die Aussicht auf sich wieder deutlich und nachhaltig erholende Öl-Preise ist also gering. Die Möglichkeit über Förderbegrenzungen die Preise stabil zu halten, scheitert an der zunehmenden Uneinigkeit innerhalb der OPEC und ihren Nicht-Mitgliedern USA und Russland.

Des Weiteren werden immer wieder mal neue riesige Öl- und Gas-Vorkommen gefunden, die aufgrund der verbesserten Fördermethoden erschließbar werden. Eine Knappheit von Öl und Gas ist also auch nicht zu erwarten, während die Abnahme perspektivisch deutlich zurückgehen wird.

Im Juni hatte der Think Tank „Carbon Tracker“ auf Basis der Daten der Internationalen Energiebehörde (IEA) eine Studie zu fossilen Brennstoffen veröffentlicht, die zu dramatischen Ergebnissen kommt. Der globalen fossilen Brennstoff-Industrie drohen durch die Corona-Krise Verluste von bis zu 25 Billionen US-Dollar, was für die Energie-Ressourcen Öl, Gas und Kohle Werteinbrüche von etwa zwei Dritteln bedeuten würde. Der Einbruch ist der stärkste seit dem 2. Weltkrieg.

Dabei habe die Corona-Krise den Höhepunkt der Nachfrage nach fossilen Brennstoffen nur früher als zuvor erwartet herbeigerufen. Künftig stehe jedes Jahr ein zweiprozentiger Rückgang bei der Nachfrage bevor. Die jährlichen globalen Profite von Öl, Gas und Kohle würden daher von bislang geschätzten 39 Billionen auf nur noch 14 Billionen US-Dollar schrumpfen, wodurch der Marktwert der Unternehmen aus der Branche massiv gefährdet sei. Weil einerseits die Produktionsanlagen und die Ressourcen deutlich an Wert verlieren würden und damit Abschreibungen nötig würden, andererseits aber eben auch die Einnahmen kollabieren werden, während die Kosten nicht ohne Weiteres in gleichem Maße gesenkt werden könnten. Weiter mahnt der Think Tank, die Unternehmen der Branche und ihre Investoren hätten diese Gefahren viel zu lange ignoriert und hätten ihr Vorgehen nicht den neuen Erfordernissen angepasst. Was sich nun rächen würde.

Das Umschwenken

Nun könnte man meinen, das sei wieder nur so eine Studie und es gäbe sicher auch fundierte Gegenmeinungen. Bestimmt. Doch an diesen Prognosen scheint viel mehr dran zu sein. Denn die großen Energie-Konzerne agieren inzwischen genau so, als würde die Studie nur die Realität aufzeigen. Und deshalb wäre es auch für Anleger fatal, dieser Entwicklung keine oder auch nur zu wenig Aufmerksamkeit zu schenken.

„World Energy Outlook“ – BPs Gegenstudie?

BP hat mit einer eigenen Studie nachgezogen, dem „World Energy Outlook“. Der Bericht beschreibt 3 Szenarien und alle 3 prognostizieren einen Rückgang des Bedarfes an fossilen Brennstoffen bis zum Jahr 2050. Als Grund führt BP die auf erneuerbare Energien ausgerichtete Klimapolitik an, aber auch die Corona-Krise, die die globale Energie-Nachfrage habe sinken lassen.

In einem „Business-as-usual-Szenario“, in dem sich die Umweltregulierung sowie die Präferenzen der Gesellschaften in einer ähnlichen Weise darstellen wie in der jüngeren Vergangenheit, erholt sich die Öl-Nachfrage nach Corona leicht, bleibt bis 2025 auf hohem Niveau und beginnt dann ab 2030 zu sinken.

In den beiden anderen Szenarien leiten die Regierungen aktivere Maßnahmen zur Eindämmung fossiler Brennstoffe ein und setzen Förderprogramme für erneuerbare Energie-Quellen auf, während sich auch in der Bevölkerung nachhaltige Veränderungen im gesellschaftlichen Verhalten einstellen. Die Folge ist, dass sich die Öl-Nachfrage auch nach Überwindung der Corona-Krise nicht wieder auf das Ausgangsniveau erholen wird.

Das „Rapid-Szenario“ geht davon aus, dass durch die Einführung regulatorischer Maßnahmen, ausgehend von einem deutlichen Anstieg der CO2-Bepreisung, die aus der Energienutzung resultierenden CO2-Emissionen bis 2050 um etwa 70 Prozent gegenüber dem Stand von 2018 sinken werden. Rapid entspricht im Wesentlichen den Szenarien, die mit einer Begrenzung des Anstiegs der globalen Temperaturen bis zum Jahr 2100 auf deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau vereinbar sind.

Das „Net-Zero-Szenario“ basiert auf der Annahme, dass die bei Rapid unterstellten Regularien durch weitreichende Veränderungen im Verhalten verstärkt werden. Dazu zählen auch die Präferenzen von Gesellschaft und Verbrauchern, wie beispielsweise die verstärkte Nutzung der Kreislaufwirtschaft und von Sharing-Angeboten, bei denen eine geteilte Nutzung von ganz oder teilweise ungenutzten Ressourcen sowie die Umstellung auf CO2-arme Energieträger ermöglicht werden. Dadurch würde sich die Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2050 auf über 95 Prozent erhöhen. Net Zero entspricht im Großen und Ganzen einer Reihe von Szenarien, die auf eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad Celsius abzielen.

Der Druck erhöht sich

Angesichts der vielen politisch bereits beschlossenen Maßnahmen und der noch zusätzlich angekündigten bzw. zu erwartenden, dürfte das „Business-as-usual-Szenario“ nicht mehr besonders realistisch sein und damit eher der Best Case aus Sicht der Öl-Multis. Auch, weil immer mehr Investoren Druck auf die Unternehmen aufbauen. Nicht nur der weltgrößte Vermögens-Verwalter Black Rock hat jüngst erklärt, Klimarisiken seien auch immer Investmentrisiken. Daher würden künftige Anlageprodukte Investments in fossile Brennstoffe ausschließen. Ein Hammer! Und der trifft die Energieriesen direkt ins Gesicht. Denn solange sie fette Renditen und üppige Dividenden für ihre Anleger erwirtschafteten, hielt sich die Kritik in Grenzen. Wenn ihre Aktien nun aber aus den ETFs und Fonds fliegen, wird sich dies negativ auf den Kurs auswirken und auch die künftigen Kurschancen aufgrund geringerer Nachfrage beschneiden. Das gefällt den Aktionären nicht und auch nicht dem Management, dessen Boni und Aktien-Optionen zumeist ja an die Entwicklung des Aktien-Kurses geknüpft sind.

Ein Umdenken und Umsteuern liegt also zunehmend auch im Eigeninteresse der Unternehmen und Akteure.

Was tut BP?

Das sieht wohl auch BP so, denn der Konzern geht seine eigene Transformation hin zu einem weitgehend klimaneutral agierenden Unternehmen forsch an. Der britische Öl- und Gas-Konzern möchte sein Portfolio unabhängiger von fossilen Brennstoffen aufstellen. Die Öl- und Gas-Produktion soll bis 2030 um 40 Prozent sinken, im Vergleich zum Niveau von 2019. Bis 2050 soll das Unternehmen sogar komplett klimaneutral werden. Zum Vergleich: Aktuell produziert BP noch 2,6 Millionen Barrel Öl am Tag.

Die neue Strategie hat weitreichende Folgen. Denn alle Investitionsvorhaben dürften nun auf den Prüfstand gestellt werden, die Erschließung neuer Öl- und Gas-Felder unterlassen und gegebenenfalls sogar Förderlizenzen zurückgegeben werden. Allerdings hat BP ja Verträge geschlossen mit Ländern und Unternehmen und ist dabei Verpflichtungen eingegangen. Diese kann man nicht einfach einseitig aussetzen, jedenfalls nicht, ohne dafür Vertragsstrafen oder Schadenersatz zahlen zu müssen. Daher wird BP versuchen, seine Projekte und Verträge an andere zu veräußern, um den Schaden so gering wie möglich zu halten.

Da BP seine Absicht öffentlich verkündet hat, dürfte dies die Preise allerdings eher zusätzlich gedrückt haben.


ExxonMobil

Als wäre der Verlust des Titels als wertvollstes Unternehmen der Welt nicht genug, folgte kürzlich auch noch der Rauswurf aus dem Dow Jones-Index. Doch es kommt noch dicker für ExxonMobil, denn man wurde vom Rivalen Chevron als wertvollstes US-Öl-Unternehmen entthront. Bezeichnend ist, dass beide am selben Tag von NextEra Energy überholt wurden, einem der neuen Giganten im Bereich der regenerativen Energien.

An der strategischen Ausrichtung hat Exxon bisher nichts verändert. Aber das Unternehmen steht im Feuer, weil die Einnahmen dramatisch schrumpfen. Ende Oktober wird die Quartalsdividende bekanntgeben, aber das Management tut sich schwer. Man wisse, dass die Dividenden für viele Aktionäre elementar seien, aber um sie zu gewährleisten, müssten Investitionen zurückgestellt werden. Das klingt erschreckend danach, als Rettungsmaßnahme auf der Titanic die Musik lauter zu stellen, nachdem man mit dem Eisberg kollidiert ist. Wenig aussichtsreich.


Royal Dutch Shell

Die englisch-niederländische Öl-Gesellschaft kündigte an, bis Ende 2022 9.000 ihrer 83.000 Mitarbeiter zu entlassen. Damit will man dann 2,5 Milliarden US-Dollar pro Jahr einsparen. Aber erstmal kosten die Maßnahmen natürlich viel Geld für Abfindungen.

Es geht aber nicht um reine Kostensenkungen, sondern die Entlassung von mehr als 10 Prozent der Mitarbeiter ist Teil des neuen Wegs von Europas größtem Öl-Unternehmen, der Shell in eine kohlenstoffarme Energiezukunft führen und gleichzeitig die Auswirkungen der Corona-Pandemie dämpfen soll. Das Upstream-Geschäft, also die Exploration und Gewinnung fossiler Brennstoffe, wurde stark gestrafft. Hier will und muss Shell seinen Cashflow generieren, um sich den Umbau leisten zu können. Investitionen im Öl-Bereich werden dramatisch zurückgefahren werden inklusive der Raffineriekapazitäten. Ausgebaut werden wird das Geschäft mit Flüssig-Erdgas und vor allem die Investitionen in Alternative Energien.

Die werden künftig den Großteil der Cashflows verschlingen, weswegen das Unternehmen in diesem Jahr zum ersten Mal seit dem Ende des 2. Weltkriegs seine Dividende gekürzt hat. Im 2. Quartal musste ein Nettoverlust von 18,3 Milliarden US-Dollar ausgewiesen werden. Die alten Dividenden-Niveaus werden auf absehbare Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr annähernd erreicht werden.

Eine detaillierte Analyse zu Shell gibt es morgen
auf meinem YouTube-„Aktien Kanal...


Texas Pacific Land Trust

Eher unbekannt und kein förderndes Unternehmen ist Texas Pacific Land Trust. Dennoch hängt sein Erfolg ganz entscheidend vom Gas-Preis ab. TPL ist großer Landbesitzer und der überwiegende Teil des von TPL gehaltenen Landes befindet sich im sog. Permian Basin, dem im Nordwesten von Texas (und kleineren Teilen von Südost New Mexiko) befindlichen größten Öl-Vorkommen der USA. Hierin wiederum liegen die größten Flächen des Trusts in den Bezirken Culberson, Reeves, Hudspeth und Loving, die das fruchtbare Delaware Basin des Perm überspannen. In diesem Gebiet sind derzeit vor allem ExxonMobil, EOG Resources, Carrizo Oil and Gas, aber auch zunehmend Private-Equity-Firmen aktiv.

TPL vergibt die Förder-Lizenzen und verdient entsprechend die sog. Royalties, bekommt also einen festgelegten Anteil an den Verkaufserlösen des geförderten Gases. Öl spielt auch eine Rolle, aber eine deutlich kleinere. Je höher der Preis, desto höher sind die Einnahmen von TPL. Und damit auch der Wert des von ihm gehaltenen Landes.

Da man nicht selbst bohrt und fördert, war das Geschäft für TPL bisher eher risikolos. Das hat sich in den letzten Jahren geändert, denn TPL änderte seine Strategie. Man verdiente so viel Geld, dass man gar nicht mehr wusste, wohin damit. Also investierte man es in… Wasser.

Hintergrund ist, dass man für das Hydraulic Fracking Unmengen an Wasser benötigt, das zusammen mit einigen Chemikalien und viel Sand in die Bohrlöcher gepresst wird. Das Gas befindet sich in Schieferschichten, dort allerdings nicht als Blase, die man einfach anzapfen kann, sondern „diffus“. Es ist also weiträumig verteilt und in kleinen Mengen im Schiefer gebunden. Durch das Sand-Wasser-Gemisch wird es aus dem Schiefer herausgelöst und die Brühe dann an die Oberfläche gepumpt, wo das Gas dann abgefangen wird.

Da die meisten Vorkommen in Wüstenregionen vorkommen, ist Wasser Mangelware. Es muss also von weit her herangeschleppt werden und dazu eignen sich am besten Pipelines. Also dachte sich TPL, es könnte die Wasserversorgung für seine Fördergebiete auch selbst herstellen und so mit diesem zweiten Standbein zusätzlich Geld verdienen. Und der Gedanke ist auch nicht abwegig, hat allerdings einen Haken. TPL muss nämlich viel in diese Wasserinfrastruktur investieren, während man bisher kaum Kosten hatte (was kostet schon Landbesitz in der Wüste?). Solange der Gas-Preis hoch genug ist und gefördert wird, fließt das Geld, um die Investitionen abzubezahlen. Doch nun ist der Gas-Preis niedrig und viele Fracking-Unternehmen stecken in finanziellen Schwierigkeiten. Sie können daher nicht fördern und es fließen somit weder Royalties noch Gelder für die Wasserdurchleitung. Während TPLs Einnahmen also stark eingebrochen sind, hat das Unternehmen nun erhöhte Kosten am Hals. Und die Pipelines, wenn auch ungenutzt, müssen dennoch gewartet werden, damit sie gegebenenfalls auch wieder sofort einsetzbar sind.

Im Aktionärskreis von TPL machte sich dann auch Unmut breit und der Großaktionär kauft immer mal wieder Aktien zu. Er möchte, dass TPL nicht nur auf die Förderrechte setzt, sondern lieber das Land verkauft. Damit würden schneller Einnahmen generiert, die dann in Aktien-Rückkäufe und/oder Dividenden fließen könnten.

Noch ist der Disput offen, was auch an den antiquierten Eigentümer-Strukturen des Trusts liegt. Aber auch für TPL gilt, dass die Höhe des Öl- und Gas-Preises den größten Hebel darstellt für die Einnahmeseite. Ob man nun Förder-Lizenzen vergibt oder das Land gleich ganz verkaufen will.


Mein Fazit

Die Energie-Branche ist im strukturellen Wandel. Die einstigen Gewinn-Maschinen stottern, weil ihnen ihr bisheriges Business wegbricht und sie 3-stellige Milliarden-Beträge in einer Förder-Infrastruktur und Ausrüstung stecken haben, die künftig immer weniger genutzt wird. Hohe Abschreibungen und Abfindungen für Personal-Entlassungen drohen, während gleichzeitig frische Milliarden in die Hand genommen werden müssen, um diese in neue Geschäftsfelder zu investieren. Eine doppelte Belastung für den Cashflow, aus dem sich früher so schön die Dividenden und Aktien-Rückkäufe speisten. Diese Zeiten sind vorbei und das vermutlich für viele Jahre.

Für Anleger heißt dies, dass in diesem Sektor viel Geld zu verlieren ist, während mögliche Gewinne mit hohen Risiken erkauft werden müssen. Es gibt bessere Chance-Risiko-Verhältnisse.

Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig, Value Investor und Betreiber des Blogs iNTELLiGENT iNVESTiEREN.

Autorenprofil
Michael C. Kissig studierte nach Abschluss seiner Bankausbildung Volks- und Rechtswissenschaften und ist heute als Unternehmensberater und Investor tätig. Neben seinem Value-Investing-BlogiNTELLiGENT iNVESTiERENverfasst er regelmäßig eine Kolumne für das „Aktien Magazin“.

Hinweispflicht nach §34b WpHG: Der/die Verfasser ist/sind in ein oder mehreren der oben genannten Wertpapieren/Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert. Es können daher keine Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.




 

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Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen &
ein schönes Wochenende wünscht Dir

Dein
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report

>> Die nächste Ausgabe erscheint am 17. Oktober

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